Was ist eine Wärmebrücke?

Eine Wärmebrücke bezeichnet einen Bereich in der Gebäudehülle, an dem Wärme deutlich schneller nach außen transportiert wird als in den umgebenden Bauteilen. Der Begriff hat die früher übliche Bezeichnung "Kältebrücke" abgelöst, da physikalisch korrekt Wärme von innen nach außen fließt und nicht umgekehrt. Diese Schwachstellen in der Dämmung führen zu lokalen Temperaturabsenkungen an den Innenoberflächen.
Die Problematik zeigt sich besonders im Winter: Während gut gedämmte Wandflächen innen warm bleiben, kühlen Wärmebrücken stark ab. An diesen kalten Stellen kondensiert Luftfeuchtigkeit, was Schimmelwachstum begünstigt. Zusätzlich entstehen erhöhte Heizkosten durch den verstärkten Wärmeverlust. Moderne Bauvorschriften verlangen daher die Minimierung von Wärmebrücken.
Arten von Wärmebrücken
Wärmebrücken entstehen aus verschiedenen Ursachen und lassen sich entsprechend klassifizieren:
- Konstruktive Wärmebrücken: Bauteile mit höherer Wärmeleitfähigkeit durchdringen die Dämmebene, beispielsweise Stahlträger, Betondecken oder Rollladenkästen
- Geometrische Wärmebrücken: Außenecken, Dachgauben oder Erker haben eine größere Außenfläche als Innenfläche, wodurch mehr Wärme abfließt
- Materialbedingte Wärmebrücken: Materialwechsel in der Konstruktion, etwa zwischen Beton und Mauerwerk oder an Mörtelfugen
- Ausführungsbedingte Wärmebrücken: Fehler bei der Verarbeitung, Lücken in der Dämmung oder nicht angeschlossene Dämmebenen
Häufig treten mehrere Ursachen gleichzeitig auf. Eine Außenecke (geometrisch) aus Stahlbeton (konstruktiv) stellt eine besonders kritische Kombination dar. Die Kenntnis der verschiedenen Arten hilft bei der gezielten Planung und Vermeidung.
Auswirkungen auf Energie und Behaglichkeit
Der erhöhte Wärmeverlust an Wärmebrücken steigert den Heizenergiebedarf messbar. Je nach Anzahl und Ausprägung können Wärmebrücken den Energieverbrauch um 10 bis 30 Prozent erhöhen. Dieser Mehrverbrauch verursacht laufende Kosten über die gesamte Nutzungsdauer des Gebäudes. Bei Energiebilanzen nach EnEV müssen Wärmebrücken daher berücksichtigt werden.
Die Behaglichkeit leidet unter kalten Wandoberflächen. Menschen empfinden Räume als unkomfortabel, wenn die Oberflächentemperaturen deutlich unter der Raumlufttemperatur liegen. Die Strahlungsasymmetrie führt zu einem Kältegefühl, selbst wenn die Lufttemperatur ausreichend hoch ist. Bewohner reagieren oft mit erhöhter Heizleistung, was die Energieverluste weiter steigert.
Kondensation und Schimmelgefahr
Die kritischste Auswirkung von Wärmebrücken ist die Schimmelbildung durch Kondensation. Warme Raumluft enthält Wasserdampf, der an kalten Oberflächen kondensiert. Die relative Luftfeuchtigkeit steigt lokal an, auch wenn sie im Raum insgesamt im normalen Bereich liegt. Ab 80 Prozent relativer Oberflächenfeuchte über mehrere Tage beginnen Schimmelsporen zu keimen.
Typische Schimmelstellen an Wärmebrücken sind Außenecken, Fensterlaibungen, Bereiche hinter Heizkörpern oder Möbeln sowie Anschlüsse zwischen Wand und Decke. Die Kondensation ist oft nicht direkt sichtbar, da die Feuchtigkeit in Tapeten oder Putz eindringt. Erst der Schimmelbefall macht das Problem offensichtlich. Die Sanierung erfordert dann nicht nur die Schimmelentfernung, sondern vor allem die Beseitigung der baulichen Ursache.
Erkennung und Messung
Wärmebrücken lassen sich mit verschiedenen Methoden identifizieren. Die Thermografie macht Temperaturunterschiede an Oberflächen sichtbar. Mit einer Wärmebildkamera werden kalte Bereiche farblich dargestellt und können lokalisiert werden. Die Messung erfolgt idealerweise bei großen Temperaturdifferenzen zwischen innen und außen, also im Winter.
Oberflächentemperaturmessungen mit Infrarot-Thermometern erlauben punktuelle Kontrollen. Kritisch sind Oberflächentemperaturen unter 12,6 Grad Celsius bei 20 Grad Raumtemperatur und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. An solchen Stellen liegt die relative Oberflächenfeuchte über 80 Prozent und Schimmelgefahr besteht. Auch ohne Messtechnik zeigen sich Wärmebrücken oft durch Verfärbungen, Stockflecken oder den charakteristischen muffigen Geruch.
Vermeidung bei Neubau und Sanierung
Bei Neubauten lassen sich Wärmebrücken weitgehend vermeiden durch durchdachte Konstruktion und sorgfältige Ausführung. Dämmebenen sollten lückenlos und ohne Unterbrechungen verlaufen. Konstruktive Durchdringungen wie Balkone werden thermisch getrennt. Fenster und Türen werden in der Dämmebene eingebaut, nicht in der Mauerwerksebene. Außenecken erhalten zusätzliche Dämmstärken.
Bei Altbausanierungen ist die vollständige Vermeidung oft nicht möglich. Hier gilt es, die kritischsten Bereiche zu identifizieren und gezielt zu verbessern. Außendämmung ist effektiver als Innendämmung, da sie die Konstruktion durchgehend umhüllt. Wo Außendämmung nicht möglich ist, können Innendämmungen mit Dampfbremse die Situation entschärfen. Wichtig ist die fachgerechte Planung, da unsachgemäße Dämmmaßnahmen die Probleme verschärfen können.
Berechnung und Bewertung
Die bauphysikalische Berechnung von Wärmebrücken erfolgt über den Wärmedurchgangskoeffizienten. Der Psi-Wert beschreibt den zusätzlichen Wärmeverlust pro Meter Länge und Kelvin Temperaturdifferenz. Für Punktwärmebrücken wird der Chi-Wert verwendet. Diese Kennwerte fließen in die Energiebilanzierung ein und bestimmen die Anforderungen nach Gebäudeenergiegesetz.
Pauschale Zuschläge können verwendet werden, wenn keine detaillierte Berechnung vorliegt. Dies führt jedoch zu ungünstigeren Werten und sollte vermieden werden. Moderne Planungssoftware ermöglicht die präzise Simulation von Wärmebrücken bereits in der Entwurfsphase. Die frühzeitige Berücksichtigung verhindert teure Nachbesserungen und sichert die energetische Qualität des Gebäudes.
