Sumpfkalk

Was ist Sumpfkalk?

Frisch angerührter Sumpfkalkputz in Nahaufnahme, Rührwerk taucht im weißen Kalkmörtel und sorgt für eine homogene, cremige Masse.

Sumpfkalk ist ein traditionelles Bindemittel aus gelöschtem Kalk, das durch monatelange Lagerung unter Wasser (Einsumpfung) seine charakteristischen Eigenschaften entwickelt.

Die Bezeichnung leitet sich vom Herstellungsverfahren ab: Der Kalk wird in Gruben oder Becken „eingesumpft“ und reift dort unter Wasserbedeckung. Je länger dieser Prozess dauert, desto feiner werden die Kalkpartikel und desto geschmeidiger lässt sich das Material verarbeiten. Hochwertiger Sumpfkalk lagert mindestens 6 bis 12 Monate, Premium-Qualitäten bis zu 5 Jahre oder länger. Mit einem pH-Wert von etwa 12,6 wirkt Sumpfkalk stark alkalisch und damit auf natürliche Weise schimmelhemmend und antibakteriell.

Herstellung von Sumpfkalk

Die Herstellung erfolgt in drei Phasen. Zunächst wird reiner Kalkstein (Calciumcarbonat, CaCO₃) bei etwa 900°C gebrannt. Dabei entsteht Branntkalk (Calciumoxid, CaO) unter Abgabe von Kohlendioxid. Im zweiten Schritt wird der Branntkalk mit Wasser versetzt und "gelöscht", wodurch Löschkalk (Calciumhydroxid, Ca(OH)₂) entsteht. Diese Reaktion setzt erhebliche Wärme frei.

Der entscheidende dritte Schritt ist die Einsumpfung: Der gelöschte Kalk wird unter einer Wasserschicht gelagert und reift über Monate oder Jahre. Während dieser Zeit verkleinern sich die Kalkpartikel kontinuierlich, was die cremige Konsistenz von Sumpfkalk erklärt. Dieser Reifeprozess unterscheidet echten Sumpfkalk grundlegend von industriellem Kalkhydrat, das ohne Lagerzeit als Pulver abgefüllt wird.

Eigenschaften von Sumpfkalk

Sumpfkalk besitzt mehrere bauphysikalisch relevante Eigenschaften:

  • Hoher pH-Wert (12,6): Schafft ein alkalisches Milieu, in dem Schimmel und Bakterien nicht wachsen können
  • Feine Partikelstruktur: Ermöglicht geschmeidige Verarbeitung und glatte Oberflächen
  • Diffusionsoffenheit: sd-Wert unter 0,05 m sorgt für optimale Wasserdampfdurchlässigkeit
  • Hygroskopie: Nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie kontrolliert wieder ab
  • Karbonatisierung: Härtet durch Aufnahme von CO₂ aus der Luft aus und wird mit der Zeit immer fester

Anwendungsbereiche

Sumpfkalk dient als Bindemittel für Kalkputze, Kalkfarben und Kalkmörtel. Typische Einsatzgebiete sind Innenräume mit erhöhten Anforderungen an das Raumklima, Feuchträume wie Badezimmer und Küchen, historische Gebäude und Denkmalsanierungen sowie ökologische Bauprojekte. Im Außenbereich kommt Sumpfkalk für Fassadenputze und Kalkanstriche zum Einsatz.

Abgrenzung zu Industriekalk

Industrielles Kalkhydrat wird ohne Reifezeit direkt nach dem Löschen als Pulver abgefüllt. Die Partikel sind gröber, die Verarbeitung schwieriger. Echter Sumpfkalk zeigt durch die lange Einsumpfung eine feinere Struktur, bessere Verarbeitbarkeit und ausgeprägtere feuchteregulierende Eigenschaften. In der Praxis führt dies zu glatteren Oberflächen, besserer Haftung und höherer Langlebigkeit.