Oberputz

Was ist Oberputz?

Handwerker trägt mit einer Glättkelle neuen beigen Oberputz auf eine bereits verputzte Hausfassade auf, darunter Eimer mit Putzmörtel und kleine Stehleiter.

Oberputz ist die oberste und zugleich abschließende Lage in einem mehrschichtigen Putzsystem. Er bildet die sichtbare Oberfläche der Wand und übernimmt sowohl gestalterische als auch technische Funktionen. Anders als der Unterputz, der für Festigkeit und Ausgleich sorgt, bestimmt der Oberputz das optische Erscheinungsbild und den haptischen Eindruck der Wandfläche.

Die Schichtdicke liegt typischerweise zwischen drei und zehn Millimetern, abhängig von Material und gewünschter Struktur. Der Oberputz muss Witterungseinflüssen, UV-Strahlung und mechanischer Beanspruchung standhalten, gleichzeitig aber diffusionsoffen bleiben, damit Feuchtigkeit aus dem Mauerwerk entweichen kann. Die Auswahl des Materials und die Art der Verarbeitung beeinflussen wesentlich die Langlebigkeit und das Erscheinungsbild der Fassade oder Innenwand.

Funktion im Putzsystem

Der Oberputz erfüllt mehrere Aufgaben im Gesamtsystem einer verputzten Wand. Als Wetterschutzschicht verhindert er das Eindringen von Schlagregen und schützt den darunterliegenden Unterputz vor direkter Bewitterung. Seine feinere Körnung und dichtere Oberfläche bilden eine Barriere gegen Feuchtigkeit, ohne den Dampfdiffusionsausgleich vollständig zu unterbinden.

Gestalterisch bietet der Oberputz nahezu unbegrenzte Möglichkeiten. Durch unterschiedliche Verarbeitungstechniken entstehen glatte, strukturierte, gekratzte oder modellierte Oberflächen. Die Farbgebung erfolgt entweder durch eingefärbte Putzmassen oder nachträgliche Anstriche. Im Innenbau trägt der Oberputz zur Regulierung der Luftfeuchtigkeit bei und beeinflusst die Raumakustik. Seine Zusammensetzung wirkt sich direkt auf das Raumklima aus.

Materialien und Bindemittel

Die Eigenschaften des Oberputzes werden maßgeblich durch sein Bindemittel bestimmt. Traditionelle mineralische Putze basieren auf Kalk, Zement oder einer Kombination beider Stoffe. Moderne Systeme können zusätzlich Kunstharze enthalten, die die Verarbeitung erleichtern und die Wetterbeständigkeit erhöhen.

Rein mineralische Oberputze punkten durch ihre Diffusionsoffenheit und Langlebigkeit. Kalkputze wirken aufgrund ihrer Alkalität desinfizierend und regulieren die Luftfeuchtigkeit aktiv. Zementhaltige Putze bieten höhere Festigkeit und eignen sich für stark beanspruchte Bereiche. Lehmputze als Oberputz schaffen ein besonders angenehmes Raumklima, sind jedoch auf Innenbereiche beschränkt. Silikatputze verbinden mineralische Eigenschaften mit guter Wetterbeständigkeit und eignen sich sowohl für innen als auch außen.

Arten von Oberputzen

Je nach Verwendungszweck und gewünschten Eigenschaften kommen verschiedene Oberputzarten zum Einsatz:

  • Kalkputz: Rein mineralisch, hoch diffusionsoffen, alkalisch wirkend, für Innen- und Außenbereiche
  • Kalk-Zement-Putz: Robuster als reiner Kalkputz, wetterbeständig, vielseitig einsetzbar
  • Silikatputz: Mineralisch mit Kaliwasserglas gebunden, sehr wetterbeständig, schmutzabweisend
  • Lehmputz: Ausschließlich für Innenbereiche, reguliert Luftfeuchtigkeit aktiv, nicht wasserfest
  • Gipsputz: Glatte Oberflächen im Innenbereich, schnelle Verarbeitung, nicht für Feuchträume
  • Kunstharzputz: Wasserabweisend, mechanisch belastbar, geringe Diffusionsoffenheit

Die Wahl des geeigneten Materials richtet sich nach bauphysikalischen Anforderungen, dem Untergrund, der Beanspruchung und den gewünschten gestalterischen Eigenschaften. Im ökologischen Bauen werden bevorzugt rein mineralische Varianten ohne Kunstharzzusätze eingesetzt.

Oberflächenstrukturen

Die Struktur des Oberputzes entsteht durch die Korngröße der Zuschläge und die Verarbeitungstechnik. Glatte Oberflächen werden mit Glättkelle oder Filzbrett hergestellt und eignen sich als Untergrund für Farbanstriche. Strukturierte Varianten bieten mehr gestalterischen Spielraum und können Unebenheiten kaschieren.

Reibeputz wird nach dem Auftrag mit dem Reibebrett in kreisenden oder linearen Bewegungen bearbeitet, wodurch charakteristische Strukturen entstehen. Kratzputz erhält seine Oberfläche durch Abkratzen der oberen Schicht nach dem Anziehen, wodurch die Körnung sichtbar wird. Scheibenputz wird mit der Traufel in kreisenden Bewegungen strukturiert, Wurmputz bildet durch das Verschieben der Körner wurmartige Rillen. Modellierputze ermöglichen freie plastische Gestaltungen und reliefartige Oberflächen.

Verarbeitung und Aufbau

Der Oberputz wird auf den abgebundenen und ausreichend getrockneten Unterputz aufgetragen. Die Oberfläche muss sauber, tragfähig und gleichmäßig saugend sein. Bei stark saugenden Untergründen erfolgt eine Vorbehandlung mit Haftbrücke oder Grundierung. Der Putz wird mit der Kelle aufgezogen und je nach gewünschter Struktur weiterbearbeitet.

Die Verarbeitungstemperatur sollte zwischen fünf und dreißig Grad Celsius liegen. Direkte Sonneneinstrahlung, starker Wind oder Frost beeinträchtigen die Abbindung und können zu Rissen oder Abplatzungen führen. Bei Außenputzen ist auf ausreichenden Wetterschutz während der Trocknungsphase zu achten. Die vollständige Durchtrocknung kann je nach Material und Witterung mehrere Wochen dauern.

Anforderungen und Normen

Oberputze müssen verschiedene Anforderungen erfüllen, die in entsprechenden Normen festgelegt sind. Die DIN 18550 regelt Putze und Putzsysteme für Innen- und Außenbereiche. Sie definiert Anforderungen an Festigkeit, Haftung, Wasseraufnahme und Frostbeständigkeit. Die Norm unterscheidet zwischen Putzgruppen mit verschiedenen Bindemitteln und Eigenschaften.

Für Außenputze sind Wetterbeständigkeit, Frostresistenz und ausreichende Wasserabweisbarkeit bei gleichzeitiger Diffusionsoffenheit entscheidend. Innenputze sollten die Raumluftqualität nicht belasten, mechanisch ausreichend belastbar sein und zur Feuchteregulierung beitragen. Bei denkmalgeschützten Gebäuden gelten besondere Anforderungen, die eine materialgerechte Restaurierung mit historischen Putztechniken vorschreiben.

Pflege und Instandhaltung

Mineralische Oberputze sind wartungsarm und langlebig. Verschmutzungen an Fassaden werden durch Bewitterung teilweise selbst gereinigt. Bei Bedarf lassen sich Oberflächen mit klarem Wasser und weicher Bürste reinigen. Aggressive Reinigungsmittel oder Hochdruckreiniger können die Oberfläche beschädigen und sollten vermieden werden.

Kleinere Beschädigungen können ausgebessert werden, wobei auf materialgerechte Reparaturmörtel zu achten ist. Der Ausbesserungsputz sollte in Zusammensetzung und Festigkeit dem vorhandenen Putz entsprechen, um Spannungen und weitere Schäden zu vermeiden. Bei größeren Schäden oder durchfeuchteten Bereichen ist eine fachgerechte Sanierung mit Ermittlung und Beseitigung der Schadensursache erforderlich. Rein mineralische Putze können im Gegensatz zu kunstharzgebundenen Systemen problemlos überarbeitet und erneuert werden.