Was ist Kunstharz?

Kunstharz ist ein synthetisch hergestelltes Bindemittel, das durch chemische Verfahren aus Erdöl gewonnen wird. Als Grundlage für zahlreiche Anstrichstoffe und Beschichtungen hat es seit den 1950er Jahren natürliche Harze in vielen Bereichen der Bauindustrie verdrängt. Die chemische Zusammensetzung ermöglicht eine standardisierte Produktion mit gleichbleibenden Eigenschaften.
Anders als natürliche Harze aus Bäumen entstehen Kunstharze durch Polymerisation oder Polykondensation petrochemischer Ausgangsstoffe. Dabei werden Moleküle zu langkettigen Verbindungen zusammengefügt, die als Bindemittel in Farben, Lacken und Klebstoffen fungieren.
Häufige Kunstharztypen und ihre Verwendung
Die Herstellung erfolgt in industriellen Anlagen unter kontrollierten Bedingungen.
Je nach chemischer Zusammensetzung unterscheiden sich die Kunstharztypen in ihren Eigenschaften:
- Acrylharze: Basis für Dispersionsfarben, gute Farberhaltung, wasserbasiert verarbeitbar
- Alkydharze: Grundlage für Lacke und Lasuren, bilden harte, glänzende Oberflächen
- Epoxidharze: Hochbelastbare Beschichtungen für Böden und Industrieanwendungen
- Polyurethanharze: Flexible und abriebfeste Versiegelungen, vor allem im Außenbereich
Die verschiedenen Kunstharztypen unterscheiden sich in ihrer Molekülstruktur und damit in ihren technischen Eigenschaften. Während der Produktion werden zusätzliche Additive beigefügt, die Trocknungszeit, Härte und Beständigkeit beeinflussen.
Verwendung in Farben und Lacken
In konventionellen Wandfarben dient Kunstharz als Bindemittel, das die Farbpigmente zusammenhält und auf dem Untergrund fixiert. Dispersionsfarben basieren typischerweise auf Kunststoffdispersionen, die nach dem Trocknen einen geschlossenen Film bilden. Diese Beschichtungen sind wasserabweisend und mechanisch belastbar. Lacke und Versiegelungen für Holz und Metall enthalten ebenfalls häufig Kunstharzkomponenten.
Die entstehende Filmschicht schützt den Untergrund vor Feuchtigkeit und mechanischer Abnutzung. Anders als bei mineralischen Bindemitteln liegt die kunstharzhaltige Beschichtung als separate Schicht auf dem Untergrund.
Eigenschaften und bauphysikalische Auswirkungen
Kunstharzhaltige Beschichtungen bilden nach der Trocknung eine weitgehend dampfdichte Schicht auf der Oberfläche. Dies beeinträchtigt die Fähigkeit mineralischer Untergründe, Feuchtigkeit aufzunehmen und wieder abzugeben. Während bei Kalkfarben oder Lehmputzen ein ständiger Feuchtigkeitsaustausch mit der Raumluft stattfindet, unterbricht eine Kunstharzbeschichtung diesen natürlichen Prozess.
Die geringe Diffusionsoffenheit kann bei unsachgemäßer Anwendung zu Feuchtigkeitsproblemen und Schimmelbildung führen. Elektrostatische Aufladung der Oberflächen zieht zudem Staub an, was die Luftqualität im Raum beeinträchtigt.
Ausdünstungen und Raumklima
Während der Verarbeitung und in der Trocknungsphase können flüchtige organische Verbindungen ausdünsten. Diese Emissionen belasten das Raumklima besonders in den ersten Wochen nach dem Anstrich. Auch nach vollständiger Trocknung können über längere Zeiträume Restausdünstungen auftreten. Bei älteren Kunstharzprodukten waren Weichmacher und Lösemittel ein erhebliches Problem.
Moderne wasserbasierte Dispersionsfarben enthalten zwar weniger Lösemittel, dünsten jedoch andere Additive aus. Die geschlossene Oberfläche verhindert außerdem, dass die Wand Gerüche und Schadstoffe aus der Raumluft aufnimmt und bindet, wie es bei mineralischen Oberflächen der Fall ist.
Alternativen im ökologischen Bauen
Im Bereich natürlicher Baustoffe ersetzen mineralische Bindemittel wie Kalk oder Silikat sowie pflanzliche Öle und Harze die synthetischen Produkte. Kalkfarben und Lehmputze regulieren die Luftfeuchtigkeit aktiv und schaffen ein gesundes Raumklima ohne Ausdünstungen.
Die offenporige Struktur ermöglicht den Feuchtigkeitsaustausch und unterstützt die bauphysikalischen Eigenschaften diffusionsoffener Wandaufbauten. Naturharzlacke auf Basis von Leinöl, Kolophonium oder Schellack bieten vergleichbare Schutzfunktionen ohne die Nachteile erdölbasierter Produkte. Diese Materialien fügen sich in den natürlichen Stoffkreislauf ein und können am Ende ihrer Nutzungsdauer problemlos entsorgt werden.
