Was ist Kalksinterwasser?

Kalksinterwasser, auch Kalkwasser oder Sinterwater genannt, ist das klare Wasser, das sich über gelagertem Sumpfkalk absetzt. Es entsteht auf natürliche Weise, wenn Sumpfkalk in Behältern ruht und sich die festen Bestandteile am Boden absetzen.
Das überstehende Wasser ist mit Calciumhydroxid gesättigt und hat einen pH-Wert von etwa 12,4. Kalksinterwasser wird als mineralische Grundierung, zum Vornässen von Untergründen und zum Verdünnen von Kalkfarben verwendet. Es bildet die einfachste und reinste Form einer Kalkgrundierung und ist vollständig kompatibel mit allen Kalkprodukten.
Entstehung und Gewinnung
Kalksinterwasser entsteht automatisch bei der Lagerung von Sumpfkalk. Der eingesumpfte Kalk wird stets mit einer Wasserschicht bedeckt gehalten, um den Kontakt mit Luft zu verhindern. Dieses Schutzwasser reichert sich mit der Zeit mit gelöstem Calciumhydroxid an, bis die Sättigungsgrenze erreicht ist.
Die Löslichkeit von Calciumhydroxid in Wasser ist begrenzt: Bei 20°C lösen sich nur etwa 1,5 Gramm pro Liter. Trotz dieser geringen Konzentration ist das Wasser stark alkalisch und enthält genug Kalk, um als Grundierung zu wirken. Zur Gewinnung wird das klare Wasser vorsichtig abgeschöpft oder abgegossen, ohne den darunter liegenden Sumpfkalk aufzuwirbeln.
Eigenschaften
Kalksinterwasser ist eine klare, farblose Flüssigkeit mit charakteristischen Merkmalen:
- pH-Wert: Etwa 12,4 (stark alkalisch)
- Kalkgehalt: Ca. 1,5 g Calciumhydroxid pro Liter bei 20°C
- Aussehen: Klar und farblos, bei Luftkontakt bildet sich ein weißer Schleier
- Geruch: Nahezu geruchlos
- Konsistenz: Dünnflüssig wie Wasser
Bei Kontakt mit Luft beginnt sofort die Carbonatisierung: Das gelöste Calciumhydroxid reagiert mit CO₂ und bildet feine Calcitkristalle, die als weißer Film auf der Oberfläche sichtbar werden. Dieser Effekt ist erwünscht und zeigt die Wirksamkeit des Kalksinterwassers an.
Anwendung als Grundierung
Die häufigste Anwendung von Kalksinterwasser ist die Untergrundvorbereitung vor Kalkputz- oder Kalkfarbenaufträgen. Das Wasser wird großzügig auf den Untergrund aufgetragen, dringt in die Poren ein und hinterlässt beim Trocknen feinste Kalkkristalle. Diese verbessern die Haftung nachfolgender Kalkschichten.
Vorteile gegenüber anderen Grundierungen:
- Vollständig mineralisch und diffusionsoffen
- Keine filmbildenden Bestandteile
- Chemisch identisch mit dem Bindemittel des Putzes
- Kostengünstig und einfach herzustellen
- Keine Wartezeiten wie bei Dispersionsgrundierungen
Kalksinterwasser eignet sich besonders für intakte, mineralische Untergründe wie alten Kalkputz, Ziegel oder Naturstein. Auf stark sandenden oder extrem saugenden Untergründen reicht seine Festigungswirkung möglicherweise nicht aus.
Anwendung in Kalkfarben
Kalksinterwasser dient als ideales Verdünnungsmittel für Kalkfarben und Kalklasuren. Im Gegensatz zu reinem Wasser bringt es zusätzliches Bindemittel ein und verhindert ein Auswaschen der Pigmente. Kalkfarben, die mit Sinterwasser verdünnt werden, zeigen eine bessere Bindung und gleichmäßigere Farbverteilung.
Bei der Frescal-Technik (Auftrag auf frischen Putz) wird Kalksinterwasser verwendet, um Pigmente anzurühren. Das Sinterwasser liefert das nötige Bindemittel, ohne die Transparenz einer Lasur zu beeinträchtigen. Auch zum Nachbefeuchten angetrockneter Kalkputzoberflächen vor dem nächsten Arbeitsgang ist Kalksinterwasser besser geeignet als reines Wasser.
Selbst herstellen
Kalksinterwasser lässt sich einfach selbst herstellen. In einem Eimer oder Behälter wird Sumpfkalk mit reichlich Wasser übergossen und gründlich verrührt. Nach einigen Stunden hat sich der Kalk am Boden abgesetzt, und das klare Wasser kann abgeschöpft werden.
Für höhere Konzentrationen wird der Vorgang wiederholt: Das Sinterwasser erneut mit frischem Sumpfkalk verrühren und wieder absetzen lassen. Nach zwei bis drei Durchgängen ist das Wasser vollständig gesättigt. Die Lagerung erfolgt in geschlossenen Behältern, um Carbonatisierung durch Luftkontakt zu verhindern. Bei längerer Lagerung bildet sich eine dünne Kalkhaut auf der Oberfläche, die vor Gebrauch entfernt wird.
Verarbeitung und Hinweise
Bei der Arbeit mit Kalksinterwasser sind einige Punkte zu beachten. Der hohe pH-Wert reizt Haut und Augen, weshalb Handschuhe und Schutzbrille empfohlen werden. Der Auftrag erfolgt mit Bürste, Quast oder Sprühgerät. Auf saugenden Untergründen wird so lange aufgetragen, bis die Saugfähigkeit nachlässt.
Nach dem Auftrag trocknet das Sinterwasser schnell und hinterlässt eine leicht weißliche, mineralische Schicht. Diese sollte nicht abgewischt werden, da sie die Haftgrundlage für den folgenden Putz- oder Farbanstrich bildet. Der Folgeauftrag kann erfolgen, sobald der Untergrund nur noch mattfeucht ist.
