Was ist Kalkglätte?

Kalkglätte ist eine hochwertige Oberflächenbeschichtung aus Sumpfkalk, die auf einen vorbereiteten Kalkputz aufgetragen wird. Im Gegensatz zu körnigen Putzen enthält Kalkglätte nur feinste Füllstoffe wie Marmormehl, wodurch eine geschlossene, glatte Oberfläche entsteht. Die Technik erfordert handwerkliches Können und wird in mehreren hauchdünnen Schichten aufgebaut, die jeweils verdichtet und geglättet werden.
Je nach Verarbeitung reicht das Erscheinungsbild von samtig-matt bis seidenglänzend. Kalkglätte vereint die bauphysikalischen Vorteile von Kalkputz mit einer edlen, glatten Ästhetik und eignet sich besonders für repräsentative Räume.
Zusammensetzung
Kalkglätte besteht aus wenigen, hochwertigen Zutaten:
- Sumpfkalk: Lange eingesumpfter Kalk als Bindemittel, mindestens 12 Monate gereift
- Marmormehl: Fein gemahlener Marmor als Füllstoff, Körnung unter 0,1 mm
- Wasser: Zur Einstellung der Verarbeitungskonsistenz
- Pigmente: Optional zur Einfärbung, ausschließlich kalkechte Erdpigmente
Das Mischungsverhältnis liegt typischerweise bei einem Teil Sumpfkalk zu einem bis zwei Teilen Marmormehl. Die genaue Rezeptur variiert je nach gewünschter Schichtdicke und Oberflächenwirkung. Hochwertige Kalkglätten verwenden ausschließlich lang eingesumpften Kalk, da nur dieser die nötige Feinheit für glatte Oberflächen bietet.
Aufbau und Schichtenfolge
Kalkglätte wird nicht direkt auf den Rohbau aufgetragen, sondern erfordert einen systematischen Schichtenaufbau:
- Unterputz: Kalkputz mit gröberer Körnung, 10 bis 15 mm stark
- Oberputz: Feinerer Kalkputz, 3 bis 5 mm stark
- Kalkglätte: Mehrere Schichten à 0,5 bis 1 mm
Jede Schicht muss ausreichend antrocknen, bevor die nächste folgt. Der Untergrund sollte gleichmäßig saugend und frei von Rissen sein. Auf zu glatten oder zu stark saugenden Untergründen haftet Kalkglätte schlecht. Die Vorbereitung des Untergrunds entscheidet maßgeblich über das Endergebnis.
Verarbeitungstechnik
Die Verarbeitung von Kalkglätte erfordert Erfahrung und Sorgfalt. Die Masse wird mit einer Venezianerkelle oder japanischen Glättkelle in dünnen Schichten aufgezogen. Nach kurzem Anziehen wird die Oberfläche mit der Kelle verdichtet und geglättet. Dieser Vorgang wiederholt sich bei jeder Schicht.
Der richtige Zeitpunkt für das Glätten ist entscheidend. Zu frühes Bearbeiten reißt die Oberfläche auf, zu spätes Glätten hinterlässt Kellenspuren. Erfahrene Handwerker erkennen den optimalen Moment am Verhalten des Materials unter der Kelle. Je nach gewünschtem Glanzgrad wird die letzte Schicht mehr oder weniger stark verdichtet und poliert.
Oberflächenwirkung
Kalkglätte ermöglicht verschiedene Oberflächeneffekte:
- Samtig-matt: Leichtes Verdichten, offenporige Oberfläche
- Seidenmatt: Stärkeres Verdichten, leichter Glanz
- Glänzend: Intensives Polieren der letzten Schicht
- Wolkig-lebendig: Bewusstes Stehenlassen von Strukturen
- Gleichmäßig-ruhig: Sorgfältiges Angleichen aller Bereiche
Die Farbwirkung verändert sich mit dem Glanzgrad. Matte Oberflächen wirken heller und weicher, glänzende Flächen zeigen tiefere Farben und stärkere Kontraste. Durch Zugabe von Erdpigmenten lassen sich Farbtöne von gebrochenen Weißtönen über warme Sandfarben bis zu kräftigen Terrakotta-Nuancen erzielen.
Abgrenzung zu Stuccolustro und Tadelakt
Kalkglätte wird oft mit verwandten Techniken verwechselt:
Stuccolustro ist eine Weiterentwicklung der Kalkglätte mit noch feineren Schichten und intensiverer Politur. Die Oberfläche wird zusätzlich mit Seife oder Wachs behandelt und erreicht spiegelnden Hochglanz. Stuccolustro ist aufwendiger und ergibt eine marmorähnliche Optik.
Tadelakt ist eine marokkanische Technik, bei der die Kalkoberfläche mit Olivenseife verdichtet und wasserabweisend gemacht wird. Tadelakt eignet sich dadurch für Nassbereiche wie Duschen und Waschbecken. Die Oberfläche ist wasserabweisend, aber nicht wasserdicht.
Kalkglätte ohne weitere Behandlung bleibt dampfdurchlässig und eignet sich für alle trockenen Innenräume. Für Spritzwasserbereiche empfiehlt sich die Weiterbehandlung zu Tadelakt.
Eigenschaften und Vorteile
Trotz ihrer glatten Oberfläche behält Kalkglätte die positiven Eigenschaften des Kalks:
- Diffusionsoffenheit: Wasserdampf kann durch die Oberfläche diffundieren
- Hygroskopizität: Nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab
- Alkalität: pH-Wert hemmt Schimmelwachstum
- Antistatik: Zieht keinen Staub an
- Langlebigkeit: Wird mit der Zeit durch fortschreitende Carbonatisierung härter
Gegenüber körnigem Kalkputz bietet Kalkglätte eine leichter zu reinigende Oberfläche. Staub und leichte Verschmutzungen lassen sich mit einem trockenen oder nebelfeuchten Tuch entfernen. Die glatte Fläche eignet sich auch für Räume mit erhöhten hygienischen Anforderungen.
Pflege und Ausbesserung
Kalkglätte ist pflegeleicht, erfordert aber Beachtung einiger Grundregeln. Säurehaltige Reiniger greifen die Kalkoberfläche an und hinterlassen matte Flecken. Zur Reinigung eignen sich neutrale oder leicht alkalische Mittel. Hartnäckige Flecken können vorsichtig mit feinem Schleifpapier behandelt und anschließend mit verdünntem Kalkwasser nachgearbeitet werden.
Kleine Beschädigungen lassen sich vom Fachmann ausbessern, indem die betroffene Stelle angefeuchtet und mit frischer Kalkglätte überarbeitet wird. Bei größeren Schäden empfiehlt sich die Neuanlage ganzer Wandflächen, um sichtbare Ansätze zu vermeiden.
