Was ist ein Fresco?

Fresco (italienisch für "frisch") bezeichnet eine Maltechnik, bei der Pigmente auf frischen, noch feuchten Kalkputz aufgetragen werden. Die Pigmente werden nur mit Wasser oder Kalkwasser angerührt, ohne zusätzliches Bindemittel. Während der Putz trocknet und carbonatisiert, werden die Pigmente in die oberste Kalkschicht eingebunden und dauerhaft fixiert.
Die Farbe liegt nicht auf dem Putz, sondern wird Teil davon. Diese unlösbare Verbindung macht Fresken extrem langlebig. Die Technik wurde bereits in der Antike verwendet und erreichte in der italienischen Renaissance ihre höchste Blüte. Michelangelos Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle zählt zu den bekanntesten Beispielen.
Das Prinzip der Pigmenteinbindung
Die Haltbarkeit von Freskomalerei beruht auf der Carbonatisierung. Frischer Kalkputz enthält Calciumhydroxid (Ca(OH)₂), das mit Kohlendioxid aus der Luft zu Calciumcarbonat (CaCO₃) reagiert. Werden Pigmente auf den noch feuchten Putz aufgetragen, umschließt das entstehende Calciumcarbonat die Pigmentpartikel und bindet sie dauerhaft ein.
Anders als bei Dispersionsfarben oder Ölmalerei bildet die Farbe keine separate Schicht auf dem Untergrund. Sie ist integraler Bestandteil der Putzoberfläche. Diese Verbindung ist so stabil, dass Fresken Jahrhunderte überdauern können, ohne zu verblassen oder abzublättern.
Buon Fresco und Fresco Secco
In der Kunstgeschichte unterscheidet man zwei Varianten:
- Buon Fresco (echtes Fresco): Malerei auf nassem Putz, Pigmente werden durch Carbonatisierung eingebunden
- Fresco Secco: Malerei auf trockenem Putz mit bindemittelhaltigen Farben (Kasein, Leim, Kalkwasser)
Buon Fresco gilt als die anspruchsvollere, aber dauerhaftere Technik. Fresco Secco erlaubt mehr Zeit und Korrekturen, ist jedoch weniger beständig. Viele historische Wandmalereien kombinieren beide Techniken: Die Grundanlage wurde al fresco ausgeführt, Details und Korrekturen später al secco ergänzt.
Arbeitsweise und Zeitfenster
Die Arbeit mit frischem Putz erfordert präzises Timing. Das Zeitfenster für den Farbauftrag ist begrenzt: Sobald die Carbonatisierung zu weit fortgeschritten ist, binden die Pigmente nicht mehr ein. Je nach Witterung und Putzdicke stehen zwischen wenigen Stunden und maximal einem Tag zur Verfügung.
Historische Freskenmaler arbeiteten daher in Tagesabschnitten, sogenannten Giornate.
Jeden Tag wurde nur so viel Putz aufgetragen, wie an diesem Tag bemalt werden konnte. Die Nahtstellen zwischen den Tagesabschnitten sind bei historischen Fresken oft noch erkennbar. Der Künstler musste seine Komposition genau planen und zügig arbeiten, da Korrekturen kaum möglich waren.
Geeignete Pigmente
Nicht alle Pigmente eignen sich für die Fresco-Technik. Die hohe Alkalität des frischen Kalkputzes (pH 12,6) greift empfindliche Pigmente an.
Geeignet sind ausschließlich kalk- und alkalibeständige Pigmente:
- Erdpigmente: Ocker, Umbra, Siena, Englischrot, Grüne Erde
- Mineralische Pigmente: Spinellschwarz, Chromoxidgrün
- Historische Pigmente: Lapislazuli (Ultramarin), Malachit, Azurit
Organische Pigmente und viele synthetische Farbstoffe sind ungeeignet, da sie im alkalischen Milieu zersetzt werden oder ausbleichen. Die Farbpalette der Freskomalerei ist daher auf erdige, mineralische Töne beschränkt.
Geschichte und Bedeutung
Die Fresco-Technik ist seit dem Altertum bekannt. Bereits die Minoer auf Kreta und die alten Ägypter verwendeten sie. Im Römischen Reich war Freskomalerei weit verbreitet, wie die erhaltenen Wandbilder in Pompeji zeigen.
Ihren Höhepunkt erreichte die Technik in der italienischen Renaissance. Künstler wie Giotto, Fra Angelico, Piero della Francesca, Raffael und Michelangelo schufen monumentale Freskenzyklen in Kirchen und Palästen. Die Technik erforderte nicht nur malerisches Können, sondern auch Kenntnisse in Architektur, Kalkverarbeitung und Chemie.
Fresco heute
Im modernen Handwerk wird die Fresco-Technik bei der Restaurierung historischer Wandmalereien eingesetzt. Beschädigte Fresken werden mit denselben Materialien und Methoden ergänzt, die ursprünglich verwendet wurden. Nur so lässt sich eine materialgerechte Restaurierung erreichen.
Auch zeitgenössische Künstler entdecken die Fresco-Technik wieder.
Die besondere Leuchtkraft der Farben, die matte Oberfläche und die Verbindung mit der Architektur machen Fresken zu einer eigenständigen Kunstform, die sich von Tafelmalerei oder digitalen Medien grundlegend unterscheidet.
