Was ist Armierungsgewebe?

Armierungsgewebe ist ein gitterförmiges Gewebe, das in Putzschichten eingebettet wird, um Spannungen aufzunehmen und Rissbildung zu verhindern. Die Bezeichnung leitet sich vom französischen "armer" (bewaffnen, verstärken) ab.
Im Putzaufbau übernimmt das Gewebe eine ähnliche Funktion wie Bewehrungsstahl im Beton: Es erhöht die Zugfestigkeit und verteilt auftretende Kräfte gleichmäßig über die Fläche. Armierungsgewebe kommt überall dort zum Einsatz, wo erhöhte Rissgefahr besteht, etwa bei Wärmedämmverbundsystemen, Sanierputzen oder an Übergängen zwischen verschiedenen Baumaterialien.
Materialien und Ausführungen
Je nach Anwendungsbereich kommen unterschiedliche Materialien zum Einsatz:
- Glasfasergewebe: Standardmaterial für die meisten Anwendungen, alkalibeständig ausgerüstet
- Kunststoffgewebe: Leichter und flexibler, für Innenanwendungen
- Textilgewebe: Für spezielle Anforderungen in der Denkmalpflege
- Metallgewebe: Bei extremen Anforderungen oder als Putzträger auf problematischen Untergründen
Die Maschenweite variiert je nach Einsatzzweck. Gängige Formate sind 4 x 4 mm für Feinputze und Spachtelmassen sowie 7 x 7 mm oder 10 x 10 mm für gröbere Putzsysteme. Das Flächengewicht liegt typischerweise zwischen 110 und 165 g/m².
Funktion im Putzaufbau
Im Putzaufbau erfüllt Armierungsgewebe mehrere Funktionen. Primär verhindert es Rissbildung durch thermische Spannungen, Setzungen oder Bewegungen im Untergrund. Das Gewebe nimmt Zugkräfte auf, die der Putz allein nicht kompensieren könnte. Entstehen dennoch Mikrorisse, verteilt das Gewebe die Spannung und verhindert, dass sich einzelne Risse zu größeren Schadstellen ausweiten.
Zusätzlich verbessert Armierungsgewebe die mechanische Belastbarkeit der Putzoberfläche. Die Stoßfestigkeit erhöht sich deutlich, was besonders in beanspruchten Bereichen wie Sockeln oder Durchgängen relevant ist.
Verarbeitung und Einbettung
Die korrekte Einbettung entscheidet über die Wirksamkeit der Armierung. Das Gewebe wird nicht einfach auf den Untergrund gelegt, sondern in eine frische Putz- oder Spachtelschicht eingebettet. Der Ablauf folgt dem Prinzip "frisch in frisch": Zuerst wird eine Mörtelschicht aufgetragen, dann das Gewebe eingelegt und mit der Glättkelle oder Zahntraufel eingearbeitet. Anschließend folgt eine weitere Mörtelschicht, die das Gewebe vollständig überdeckt.
Wichtig ist die Überlappung an Stößen: Mindestens 10 cm sollten sich benachbarte Bahnen überlappen. An Ecken, Fenster- und Türlaibungen werden zusätzlich Diagonalstreifen eingearbeitet, um die dort erhöhten Spannungen aufzufangen.
Armierungsgewebe bei Kalkputz
Auch bei Kalkputzsystemen wird Armierungsgewebe eingesetzt, besonders bei größeren Schichtdicken oder kritischen Untergründen. Wichtig ist hier die Alkaliebeständigkeit des Gewebes: Da frischer Kalkputz einen pH-Wert von 12,6 aufweist, würden nicht alkalibeständige Gewebe zersetzt werden. Hochwertige Glasfasergewebe sind daher mit einer speziellen Schlichte ausgerüstet, die sie gegen alkalische Angriffe schützt.
Bei der Sanierung von Altbauten kommt Armierungsgewebe häufig an Übergängen zwischen altem Mauerwerk und neuem Putz zum Einsatz, um Bewegungen im Untergrund auszugleichen.
